Der Beitrag problematisiert am Beispiel der Kommunikationsbereiche Medien und Wissenschaft die gängige Praxis, Kulturen mit Einzelsprachen/Nationen zu identifizieren und ihrer jeweiligen Spezifik durch den Vergleich der Realisationen von Textsorten auf die Spur zu kommen. Dazu wird zunächst ein Modell der Textproduktion vorgeschlagen, das neben eigenkulturellen Textsortenschemata weitere Einflussfaktoren einbezieht. Sodann geht es um Rahmenbedingungen für das Funktionieren von Texten, wobei unterschieden wird zwischen textuellen Selbstläufern einerseits, die dann vorkommen, wenn eine gesellschaftliche Instanz ein Monopol auf bestimmte Textsorten hat, und Konkurrenten andererseits, die für kompetitives kommunikatives Handeln charakteristisch sind und zu einer ausgeprägten intrakulturellen Heterogenität führen (können). Um diese erfassen zu können, wird vorgeschlagen, kommunikations- und wahrnehmungsrelevantere Kategorien, als Textsortenkonzepte sie darstellen, zu berücksichtigen, und zwar Serien (z. B. Zeitschriftenkolumnen oder wissenschaftliche Reihen wie die HSK-Bände), Formate (z. B. seriöse Presse versus Boulevardblätter) und Programme (ARD versus RTL; FAZ versus Bild), die ‚Gefäße' mit einem umfassenden Text(sorten)angebot arstellen. Der letzte Hauptabschnitt thematisiert den Kulturbegriff. Kultur wird als ein Bewusstseinphänomen und als soziale Praxis aufgefasst, die gebunden ist an eine sie tragende Gruppe. Dabei kann es sich um eine Sprachgemeinschaft oder Nation handeln, aber ebenso um Gruppen, die innerhalb einer Gesellschaft/Sprachgemeinschaft angesiedelt sind oder in denen sich Mitglieder aus mehreren dieser Gemeinschaften als kulturtragende ‚Gemeinde' konstituieren.