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Die forensische Psychiatrie im Spiegel ihrer Expertenfiguren. Eine historische Betrachtung (Genf und Waadt, 1760–1910)

Published inVincent Barras, Alexandra Jungo, Fritz Sager (Ed.), Diffuse Verantwortlichkeiten: Strukturen, Akteur:innen und Bewährungsproben, p. 109-122
PublisherBasel : Schwabe
Collection
  • Nationales Forschungsprogramm "Fürsorge und Zwang"; 2
Publication date2024
Abstract

Bei ernsthaften Zweifeln an der psychischen Gesundheit einer rechtsunterworfenen Person wurde die Einholung eines Gutachtens Anfang des 20. Jahrhunderts in der Rechtslehre wie auch in der Bundesgesetzgebung zur Pflicht. Von dieser historischen Wende zeugen die parlamentarischen Debatten über das seit den 1890er-Jahren im Entstehen begriffene Schweizerische Strafgesetzbuch und die Artikel des Schweizerischen Zivilgesetzbuches von 1907 bezüglich der Vormundschaft über volljährige Personen. Für viele zivil- und strafrechtliche Sachverhaltewurden nun die bislang nachrangigen psychiatrischen Gutachten zwingend erforderlich. Die um 1900 als rechtsstaatliche Erfordernis verankerte Kardinalregel richterlicher Billigkeitserwägungen besagte jedoch noch nichts Konkretes über die Eigenschaften der sachverständigen Person. Um wen handelte es sich? Worin bestand ihre Spezialisierung? Welche Kompetenzen waren erforderlich, um die psychische Gesundheit Rechtsunterworfener zu begutachten? Und welchen Umfang hatte ein solcher Gutachtenauftrag?

Im Hinblick auf eine Geschichte der Begutachtungspraxis konzentriert sich unsere Studie daher auf psychiatrische Gutachten, die zwischen 1760 und 1910 in den Kantonen Genf und Waadt verfasst wurden. In den Archiven der kantonalen Zivil- und Strafgerichte konnten wir über den genannten Zeitraum 295 Gutachten identifizieren, die von 108 Sachverständigen erstellt wurden, welche alle männlichen Geschlechts waren.

Im untersuchten Zeitraum kann man drei Expertenfiguren ausmachen, und zwar – mit ungleichmässiger Verteilung – behandelnde Ärzte, Anstaltsärzte und Professoren für Psychiatrie. Jede dieser Figuren, die sich einer ähnlichen Bewertungsaufgabe gegenübersahen, war durch spezifische Merkmale gekennzeichnet.

Keywords
  • Psychiatrie
  • Forensische Psychiatrie
  • Kriminalität
  • Vormundschaft
  • Gutachten
  • Irrenanstalt
Research groups
Citation (ISO format)
CICCHINI, Marco et al. Die forensische Psychiatrie im Spiegel ihrer Expertenfiguren. Eine historische Betrachtung (Genf und Waadt, 1760–1910). In: Diffuse Verantwortlichkeiten: Strukturen, Akteur:innen und Bewährungsproben. Vincent Barras, Alexandra Jungo, Fritz Sager (Ed.). Basel : Schwabe, 2024. p. 109–122. (Nationales Forschungsprogramm ‘Fürsorge und Zwang’) doi: 10.24894/978-3-7965-4881-9
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Book chapter (Published version)
Identifiers
ISBN9783796548802
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Technical informations

Creation15/03/2024 17:54:27
First validation18/03/2024 10:36:21
Update time18/03/2024 10:36:21
Status update18/03/2024 10:36:21
Last indexation01/11/2024 09:54:49
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